Liebes Tagebuch,
heute bin ich in’s Büro gekommen und Sabine war schon da. Sabine ist nämlich erkältet und ist nur gekommen, um ihre Emails an mich weiterzuleiten und mir dringende Angelegenheiten zu erklären, die ich in der kommenden Woche erledigen muß. Jetzt habe ich die Emails von meinem Chef und von Sabine und die von mir natürlich auch. Zur Beruhigung habe ich erstmal ein Mini-Cookie eingeworfen, um 7:31.
7:42 – Anscheinend haben meine Kunden noch nie was davon gehört, daß man in den Osterferien wegzufahren hat. Während alle anderen hier sich mehr oder weniger einen Lenz machen und sich an über’s Wochenende erhaltenen Emails unterbieten ("Ich hab‘ nur drei Emails, und zwei davon sind Angebote für Penisverlängerungen!"), rennen mir meine Asiaten die Bude ein, weil ich an zwei ihrer Arbeitstagen nicht da war. Diese unchristlichen Heiden, die! Wissen die nicht, daß Ostern das höchste christliche Fest ist? Ich meine, okay, ich wußte es bis vor diesem Wochenende auch nicht (ich dachte immer, daß wäre Weihnachten, schließlich gibt's da auch Geschenke), aber naja, was weiß ich denn schon? Ich esse ein Knoppers. Irgendetwas sagt mir, daß es nicht das Einzige bleiben wird.
8:33 – Sabine hat gerade angerufen, sie ist die ganze Woche krankgeschrieben. Das bedeutet, ich muß tatsächlich die ganzen Sachen erledigen, die sie mir vorhin erklärt hat. Verdammt. Mich beschleicht das dumpfe Gefühl, daß ich ihr vielleicht doch hätte zuhören sollen...
8:58 – Ich bereite mich seelisch auf die Frühstückspause vor.
9:20 – Das Frühstück war eine willkommene Abwechslung, aber der lange Weg in den Versand und wieder zurück (Treppe runter, quer durch die Fahrstraße, durch den engen Gang und Treppe rauf, dann wieder Treppe runter, durch den engen Gang, quer über die Fahrstraße und Treppe raus) hat mir wieder ein leichtes Hungergefühl beschert.
10:02 - Meine Kollegin hat gerade verkündet, daß im Kühlschrank ein 10er-Pack Milchschnitte ist, den anscheinend bei ihr zuhause keiner mag. Die anderen Leute hier sind daran aber auch nicht interessiert (mit was für seltsamen Freaks arbeite ich hier eigentlich zusammen?! Keine Milchschnitte mögen, wie geht das denn?), deswegen muß ich mich der Aufgabe stellen und sie alleine vernichten. Kein Problem, die ersten drei sind in unter 2 Minuten weg. Mir ist leicht schlecht, aber das geht vorbei, mit Milchschnitten kenne ich mich schließlich aus..
11:45 – Ich muß zum Fax, allerdings gestalten sich die ersten beiden Meter schwieriger als erwartet: die leeren Knoppers- und Milchschnitten-Packungen stehen kniehoch und behindern meinen Gang. Ich bin jedoch zuversichtlich, mir mit meinem riesigen Taschenrechner (der trotz seiner imposanten Größe nur 8 Stellen hat und selbst beim Addieren von zweistelligen Zahlen so seine Schwierigkeiten hat) einen Weg freischaufeln kann.
11:47 – Der oben ausgedrückte Optimismus (der mich übrigens genauso überrascht hat wie alle anderen Kenner meiner durchweg pessimistischen Grundeinstellung) wurde enttäuscht. Der Taschenrechner erweist sich nicht nur als Taschenrechner als Reinfall, sondern auch als Notschaufel. Ich mußte die Putzfrau anrufen, daß sie diesen verdammten Müll in meinem Büro beseitigt, was hat die überhaupt für eine Arbeitsmoral, ein Büro so verkommen zu lassen. Ich konnte gerade noch so hören, wie Sie "Aber ich habe doch erst heute morgen gesau-", bevor ich aufgelegt habe. Es zahlt sich aus "Stromberg" zu gucken. Während ich auf dieses faule Stück warte, erinnere ich mich an die Toffifee-Packung, die Lena in ihre Oster-Tüten gepackt hat. Hmmm...
13:51 – Mein Chef bekommt im 5-Minuten-Takt Mails à la "Ihre Kollegin verdient sich mit Nacktputzen 2.000 Euro im Monat dazu!", und jedes Mal erscheint dieses "Sie haben neue Nachrichten erhalten"-Fenster auf meinem Bildschirm und bringt mich aus dem Tritt. Bei 2 weiteren Mini-Cookies grüble ich darüber nach, welche Kollegin das sein könnte, welche Denunziantensau diese Email geschickt hat, und wie man an so einen Job wohl rankommt. Obwohl, kann man nicht auch mit sowas wie Nacktfernsehgucken Geld dazuverdienen? Putzen gehört nämlich nicht wirklich zu meinen gottgegebenen Talenten. Letztens habe ich Fenster geputzt, und jetzt kann man wieder durchgucken, aber nur theoretisch, man sieht nämlich nichts vor lauter Streifen.
15:06 – Jenny und ich haben zum Spaß mal ausgerechnet, wieviele Weightwatcher-Punkte ich wohl bekommen würde, und das dann verglichen haben mit dem, was ich heute gegessen habe. Das Ergebnis: ich darf die nächsten 6 Tage nur noch gekochte Kartoffeln ohne Salz und Butter essen. Auf den Schock brauche ich erstmal ein Knoppers, aber was ist das?! Die Schublade ist leer! Das bedeutet, ich muß mir für die nächsten 54 Minuten die beiden letzten Mini-Cookies gut einteilen. Und plötzlich kann ich die Grauen der deutschen Nachkriegszeit nachempfinden.
15:27 - Die Nachbarin meines Chefs geht anscheinend auch Nacktputzen. Anscheinend hat er einen schlechten Einfluß auf seine Umgebung.
Okay, ich weiß, daß ich wahrscheinlich in meinem ganzen Leben nicht fettleibig sein werde (selbst wenn ich einen zweiten absoluten Fresstag haben sollte)- ich glaube, der Ferlié-Dumrathsche Genpool entspricht ungefähr dem einer Küchenschabe, wir sind einfach nicht totzukriegen. Dafür sind wir von vernachlässigbar kleinen Oberweiten geplagt. Meine Großmutter väterlicherseits hatte wohl noch einiges vorzuweisen, anscheinend ist das Busengen jedoch von der rezessiven Sorte und konnte sich nicht gegen das magere Erbgut der Ferlié durchsetzen. Naja, statt dessen gab Gott mir Kurzsichtigkeit; ich habe zwar noch nicht rausgefunden, wozu das gut sein soll, aber Gott in seiner unendlichen Weisheit wird schon wissen was er tut.
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