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Unterwegs nach Paris. Papa fährt, und das bedeutet: wir sehen dem Tod in’s Auge- Meter für Meter... Ich sitze aus strategischen Gründen seit Bonn hinten, so bin ich nämlich mit dem Fahren dran, wenn wir in die Nähe von Paris kommen. Mit dieser Taktik verlängere ich nun schon seit Jahren die Lebenserwartung meiner Familie... Papa ist übrigens ein Blinkenthusiast, seine Blinkzeiten betragen im Durchschnitt so um die 5 Minuten. Meine Güte, meine Handschrift sieht im Moment so aus, als hätte ich Parkinson im Endstadium! Das liegt zum Einen an Papa’s unorthodoxer Spurführung und zum Anderen daran, daß wir uns gerade in Belgien befinden. BELGIEN! Wer mich kennt, der weiß, daß ich an diesem Land kein einziges gutes Haar lassen kann, und Gott weiß, ich habe es versucht! Den Grenzübergang nach Belgien bekommt man sogar im Schlaf noch mit. Spätestens nach 200 Metern auf belgischem Gebiet, also dann, wenn die Reaktionen des Fahrers noch nicht so geschult sind wie später, stürzt das Auto in das erste von diesen zahllosen Schlaglöchern, und wie soll man noch weiterschlafen, wenn man einmal quer durch das gesamte Auto geschleudert wird?? Später wird es dann ein wenig besser. Natürlich nicht, weil dann etwa die Straße besser wäre, sondern weil man als Fahrer mit der Zeit auf Schlachlochfrüherkennung konditioniert wird. Mich erinnern belgische Autobahnen immer an die Sand- und Staubpisten in Tansania. Obwohl, na gut, seien wir fair, die Pisten in Afrika waren dann doch nicht ganz so schlimm. Ehrlich, es ist schon jedes Mal ein kleines Wunder, wenn man überhaupt aus Belgien wieder hinauskommt. Ich schwöre, einige dieser Löcher in der Fahrbahn (oder sollte ich "Abgründe" sagen?) sind so groß, daß ein Auto, das dort hineinfällt, ohne Kran nicht wieder hinauskommt. In Belgien gibt es wahrscheinlich nur zwei Sorten von Millionären: korrupte Politiker und Betreiber von Abschleppdiensten. Ich für meinen Teil sehe die Durchquerung des Landes von Dutroux und Coca-Cola-Skandalen als ein nun mal nicht vermeidbares Übel an, das man so schnell wie möglich (d.h., so schnell, wie es die Schlaglöcher und die belgischen Linksspurbesetzer zulassen) hinter sich bringen sollte. Meine Eltern verhalten sich diesbezüglich allerdings immer denkbar unkooperativ und weigern sich standhaft, den Fahrerwechsel während der Fahrt durchzuführen (der Eine hält das Lenkrad während der Andere sich an ihm vorbei- und auf den Fahrersitz schiebt, würde wunderbar klappen und wertvolle Minuten auf belgischem Terrain sparen). Und damit nicht genug besteht meine Mutter während dieses Stopps immer darauf, auszusteigen und eine Zigarette zu rauchen, und mein Vater vertritt sich traditionellerweise die Beine. Also ehrlich, manchmal frage ich mich wirklich, ob ich nicht adoptiert worden bin. Vom Zeitverlust einmal abgesehen, gefährlich ist das Ganze auch noch. ICH für meinen Teil würde mich weigern, das Auto ungesichert und ohne Kletterausrüstung zu verlassen- was garantiert mir denn, daß die Parkplätze in einem besseren Zustand sind als die Autobahnen?? Nein nein, Ich gehe da kein Risiko ein. Sollte ich in so einen Krater stürzen, werde ICH vorbereitet sein.